Anfragen zu Krebshäufungen

Das Hessische Krebsregister erhält regelmäßig Anfragen aus der Bevölkerung, Politik, Gemeinden sowie anderen Institutionen zu vermuteten lokalen Krebshäufungen. Wir führen auf Basis der registrierten Krebsdaten in Hessen Untersuchungen durch und geben im Rahmen unserer Kompetenzen eine Rückmeldung.

Beobachtung von vermuteten lokalen Krebshäufungen

Wenn innerhalb einer Gemeinde oder Region eine erhöhte Anzahl an Krebserkrankten beobachtet wird, erscheint dies zunächst für die Einwohnerinnen und Einwohner sehr besorgniserregend. Solche subjektiven Beobachtungen können aber im Regelfall anhand von objektiv erfassten Krebsregisterdaten widerlegt und als unauffällig bewertet werden. Denn um eine lokale Krebshäufung tatsächlich als solche zu identifizieren und beurteilen zu können, bedarf es weiterer Informationen, vor allem die möglichst vollzählige Erfassung aller aufgetretenen Krebsfälle innerhalb einer klar definierten Region. Aber auch demographische Daten zur Geschlechts- und Altersverteilung sind wichtig, um eine solche Beobachtung sinnvoll einordnen zu können.

Zu Beginn einer Untersuchung von vermuteten Krebshäufungen steht die strukturierte Erfassung der beobachteten Sachverhalte. Danach folgt eine erste Einschätzung, ob eine gesundheitliche Gefährdung der Bevölkerung vorliegen könnte. Dies beinhaltet sowohl die beobachteten Krebsfälle als auch berichtete lokale Belastungen aus der Umwelt. Falls es Indizien für eine mögliche gesundheitliche Gefährdung gibt, werden in weiteren Schritten die Informationen verifiziert und genauere Auswertungen, ggfs. in Zusammenarbeit mit weiteren Institutionen, vorgenommen.

Zufallsbedingte Schwankungen von Krebshäufigkeiten

Die Häufigkeit von Krebserkrankungen, die in einem bestimmten Gebiet und innerhalb eines bestimmten Zeitraums auftreten, ist von vielen Faktoren abhängig. Da die Entstehung von Krebs aber sehr komplex und noch nicht genug verstanden ist, sind diese Einflussfaktoren nicht alle identifiziert und können deshalb nicht vollständig in der Untersuchung berücksichtigt werden. Es lässt sich zudem nicht vorhersagen, wie diese Faktoren innerhalb eines Zeitraums auf jede einzelne Person des Gebietes wirken, weswegen man von einer Zufallsausprägung spricht. Unter statistischen Gesichtspunkten schwankt die beobachtete Zahl an Krebsneuerkrankungen zeitlich innerhalb einer Region zufallsbedingt, selbst wenn die Bevölkerungszahl, ihre Altersverteilung und die bekannten Risikofaktoren für Krebs unverändert sind. Bei einer geringen Anzahl beobachteter Fälle (z.B. bei kleineren Regionen) sind die zu erwartenden Schwankungen sehr groß, wohingegen sie bei einer größeren Anzahl von beobachteten Fällen (z.B. für ganz Hessen) für die Interpretation nur noch eine geringe Rolle spielen.

Neben zufälligen Schwankungen treten in der Realität der Krebsregistrierung zusätzlich erhebungsbedingte Schwankungen auf. Beispielsweise können auf der lokalen Ebene schon wenige nicht registrierte Fälle das Bild verzerren und das Ergebnis einer Auswertung erheblich verändern.

Kein flächendeckendes Monitoring

Unter den Voraussetzungen zufallsbedingter Schwankungen der Krebshäufigkeit ist es problematisch, eine automatisierte Suche (Monitoring) nach auffälligen lokalen Krebshäufungen in Hessen durchzuführen. Bei mehr als 400 Gemeinden, verschiedenen Zeitintervallen und einer Vielzahl von Krebsarten entstehen sehr viele Einzeldaten. Nach den Regeln der Statistik sind darunter auch viele zufällig auffällige Werte, die kein Ausdruck eines erhöhten Krebsrisikos innerhalb einer bestimmten Region sind. Diese lassen sich nicht einfach von den tatsächlich aufgrund des Krebsrisikos auffällig erhöhten Zahlen unterscheiden.

Uns stellt sich somit die Aufgabe, die Ergebnisse unserer Auswertungen zu interpretieren, um daraus eine angemessene Bewertung ableiten zu können. Deshalb erfolgt die Bearbeitung dieser Anfragen im Hessischen Krebsregister immer individuell in der Zusammenschau aller verfügbaren Daten und Informationen.

Weitere Informationen

Das Robert Koch-Institut (RKI) und das Center for Disease Control and Prevention in den USA (CDC) haben bezüglich der Vorgehensweise bei vermuteten Krebshäufungen Empfehlungen herausgegeben. Auch das Hessische Krebsregister orientiert sich bei der Bearbeitung von Anfragen zu Krebshäufungen an diesen Empfehlungen.

Empfehlungen für den Umgang mit Beobachtungen von räumlich-zeitlichen Krankheitsclustern

2009, Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 52:239-255

Guidelines for Examining Unusual Patterns of Cancer and Environmental Concerns

2024, U.S. Centers for Disease Control and Prevention (CDC)

Wie geht das Hessische Krebsregister bei seiner Auswertung zur Untersuchung einer potentiellen Krebshäufung vor? (bitte ausklappen)

Untersuchte Region

Das Hessische Krebsregister kann zum aktuellen Zeitpunkt Auswertungen für ganz Hessen, aber auch auf Ebene der hessischen Landkreise, kreisfreien Städte und Gemeinden erstellen. Kleinräumigere Analysen z.B. Stadtteile oder einzelne Straßenzüge sind nicht möglich.

Datenbasis

Die Auswertungen zum Krebsgeschehen in Hessen (auch hessische Landkreise, kreisfreie Städte und Gemeinden) beruhen auf Daten des Hessischen Krebsregisters mit den aktuell verfügbaren Diagnosejahren (z.B. 2016-2021) zum jeweils aktuellsten Datenbankstand. Bevölkerungsdaten für Hessen werden vom Hessischen Statistischen Landesamt zur Verfügung gestellt.[1]

Betrachtete Krebsarten

Die Auswahl dieser Krebsarten(-gruppen) ist abhängig von der jeweiligen Anfrage, z.B., wenn für eine Krebsart eine erhöhte Fallzahl berichtet wurde oder wenn eine bestimmte berichtete (Umwelt-)Exposition mit einer oder mehrerer Krebsarten im Zusammenhang stehen könnte. Um das Krebsgeschehen für eine Krebshäufungsuntersuchung darzustellen, ist es notwendig, Krebserkrankungen in Kategorien einzuordnen. Das geschieht zunächst über die sogenannte ICD-10 Klassifikation (10. Version der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme), kann aber je nach Anfrage auch weitere Kriterien umfassen.

Referenzregion

Eine Referenzregion umschreibt die übergeordnete Region, deren Krebshäufigkeit für den Vergleich mit der zu untersuchenden Region herangezogen wird. Als Referenzregion wird das zugehörige Bundesland Hessen verwendet, allerdings schließen wir hier nur Landkreise und kreisfreie Städte mit hoher Vollzähligkeit der Erfassung ein (Erfassungsgrad über 90 %). Um regionale Unterschiede wie z.B. in der Bevölkerungsstruktur oder Gesundheitsversorgung zu berücksichtigen, werden bei Bedarf auch Auswertungen mit dem jeweiligen Landkreis als Referenzregion durchgeführt.

Statistik

Für die statistische Auswertung einer möglichen Krebshäufung werden zwei Kennzahlen berechnet: (a) die beobachtete, im Hessischen Krebsregister registrierte Krebshäufigkeit und (b) die erwartete, geschätzte Krebshäufigkeit. Diese beiden Kennzahlen werden gegenübergestellt.

Die beobachtete Krebshäufigkeit, Kennzahl (a), ergibt sich aus den im Hessischen Krebsregister registrierten Krebsfällen der ausgewählten Diagnosejahre für die zu untersuchende Region oder Gemeinde. Diese Kennzahl wird jeweils für die zu untersuchenden Krebsarten berechnet.

Die erwarteten Krebsfälle, Kennzahl (b), ergeben sich aus der Verteilung der Krebsfälle in einer Referenzregion und der Altersstruktur der zu untersuchenden Region oder Gemeinde. In einer solchen Auswertung werden die Anzahl der Fälle in der zu untersuchenden Region oder Gemeinde berechnet, die zu erwarten gewesen wären, wenn jeweils die Krebshäufigkeit der Referenzregion Hessen bzw. des jeweiligen Landkreises zugrunde gelegt wird. Dadurch werden die Unterschiede in der Altersstruktur der zu untersuchenden Region oder Gemeinde und der jeweiligen Referenzregion herausgerechnet. Das ist notwendig, da das Alter einer der wichtigsten Faktoren bei der Entstehung von Krebs ist. Als Maßzahl verwendet man das „Standardized Incidence Ratio“ (SIR), also die registrierten Krebsfälle (a) geteilt durch die erwarteten Krebsfälle (b). Parallel zum SIR wird auch ein Vertrauensbereich berechnet, das sogenannte 95 %-Konfidenzintervall (95 % KI). Das 95 % KI ist der Bereich, der bei unendlich häufiger Wiederholung einer unter denselben Bedingungen durchgeführten Auswertung mit 95-Prozentiger Wahrscheinlichkeit den wahren Wert beinhaltet. Falls das Konfidenzintervall den Wert 1 beinhaltet, geht man davon aus, dass es sich um keinen statistisch signifikanten Unterschied handelt. So kann man einschätzen, ob eine auffällige Erhöhung der registrierten Krebsfälle im Vergleich zur Referenzregion vorliegt.

Schwächen in der Methodik

Bei kleinräumigen Auswertungen auf Gemeinde-Ebene kommt es in der Regel zu sehr niedrigen Fallzahlen, da die zugrundeliegende Bevölkerungsgröße vergleichsweise gering ist. Dadurch führen nur geringe Schwankungen schon zu vermeintlich großen Unterschieden zwischen registrierten und erwarteten Fallzahlen.

[1]https://statistik.hessen.de/unsere-zahlen/bevoelkerung (Aufgerufen am 19.07.2024)

Anfrageformular

Anfrageformular: Beobachtete Krebshäufung

Sie haben eine Krebshäufung in einer bestimmten Region in Hessen beobachtet oder vermuten einen Zusammenhang mit einer umweltbedingen Ursache? Falls Sie hierzu eine Anfrage an uns stellen möchten, verwenden Sie bitte das untenstehende PDF-Formular und schicken dieses ausgefüllt per Mail an uns (krebsregister@hlfgp.hessen.de).

Zum Download PDF, 0.2 MB

Vergangene Untersuchungen zu vermuteten Krebshäufungen in Hessen

Untersuchung zu einer vermuteten Krebshäufung in Mittelhessen

22.06.2020, Hessisches Krebsregister

Untersuchung zu einer vermuteten Krebshäufung in Marburg-Biedenkopf

23.05.2023, Hessisches Krebsregister