Untersuchung zu einer vermuteten Krebshäufung in Marburg-Biedenkopf

Mit der Unterstützung des Hessischen Krebsregisters führte das Gesundheitsamt des Landkreises Marburg-Biedenkopf eine Untersuchung zu einer Krebshäufungsanfrage zu bösartigen hämatologischen Systemerkrankungen im Marburger Stadtteil Michelbach-Nord durch.

Verdacht einer Krebshäufung in Marburger Stadtteil Michelbach-Nord

Im Herbst 2021 wurde das Hessische Krebsregister durch das zuständige Gesundheitsamt des Landkreises Marburg-Biedenkopf über die Anfrage eines ortsansässigen Arztes informiert, welcher im Marburger Stadtteil Michelbach-Nord acht Fälle bösartiger hämatologischer Systemerkrankungen sowie sechs Personen mit weiteren Krebserkrankungen (fünf Brustkrebsfälle, eine Krebserkrankung des Mundrachens) beobachtet hatte.

Beteiligt an dieser Untersuchung waren neben dem Gesundheitsamt Marburg-Biedenkopf und dem Hessischen Krebsregister auch das Deutsche Kinderkrebsregister, das Regierungspräsidium Gießen und das Hessische Landesamt für Gesundheit und Pflege.

Bei der vorliegenden Anfrage handelte es sich um den Marburger Stadtteil Michelbach-Nord. Eine übliche Auswertung auf Gemeindeebene auf Grundlage von Krebsregisterdaten umfasst ein zu großes Gebiet und hätte somit nur für einen Stadtteil keine ausreichende Aussagekraft. Eine kleinräumige Zuordnung der Krebsfälle unterhalb der Gemeindeebene ist für das Hessische Krebsregister erst seit der Novellierung des Hessischen Krebsregistergesetzes im Oktober 2014 möglich. Dadurch konnte der gesamte Untersuchungszeitraum von 2010-2021 anhand der Krebsregisterdaten nicht abgebildet und keine statistisch valide Aussage getroffen werden. Aus diesem Grund wertete das Krebsregister Daten aus einer zur Verfügung gestellten, anonymisierten Fallliste des Hinweisgebers aus, welche die beobachteten Krebsfälle für 2010-2021 beinhaltete. Die Patientinnen und Patienten wurden vor der Übermittlung vom Hinweisgeber über die Meldung an das Hessische Krebsregister informiert und haben dieser Meldung eingewilligt.

Die Auswertung der Daten zeigte, dass für Brustkrebserkrankungen keine erhöhte Häufigkeit in Michelbach-Nord vorliegt. Bezüglich bösartiger hämatologischer Systemerkrankungen wurde eine statistisch signifikante Erhöhung der Krebsfälle im Vergleich zu ganz Hessen festgestellt. Zudem lag das Erkrankungsalter der betroffenen Personen durchgängig unter dem für hämatologische Krebserkrankungen beschriebenen mittleren Erkrankungsalter von etwa 70 bis 74 Jahren.

Mögliche Ursachen wie zum Beispiel im Trinkwasser, Strahlung oder auch Schadstoffe im Boden (z.B. Altlasten) wurden vom Gesundheitsamt Marburg-Biedenkopf umfassend untersucht, jedoch wurden keinerlei Hinweise für umweltbedingte Ursachen gefunden. Zur weiteren Untersuchung möglicher Ursachen unterstützte das Hessische Krebsregister das Gesundheitsamt bei der Durchführung einer umfangreichen Befragung der betroffenen Personen. Zwei betroffene Personen gaben an, dass sie ihren Garten für Obst- und Gemüseanbau nutzten. Aufgrund dessen wurden Bodenproben aus den Gärten dieser Personen untersucht. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen führten ebenfalls zu keinen weiterführenden Erkenntnissen.

Die umfassenden Untersuchungen des Gesundheitsamts Marburg-Biedenkopf konnten keine Hinweise auf eine umweltbedingte Ursache für die beobachtete Krebshäufung feststellen. Auf Grundlage der aktuell zur Verfügung stehenden Informationen ist von einer zufallsbedingten Krebshäufung bei einer kleinen beobachteten Anzahl auszugehen. Beobachtete und statistisch auffällige regionale Krebshäufungen können im Rahmen zeitlicher und räumlicher Variationen auftreten, ohne dass sie auf eine gemeinsame Ursache zurückzuführen sind (vgl. RKI, 2009).

Das Hessische Krebsregister wird das hämatologische Krebsgeschehen in Michelbach-Nord anhand der gemeldeten Daten über mindestens 10 Jahre beobachten und innerhalb dieses Zeitraums alle zwei bis drei Jahre eine Neubeurteilung des Krebsgeschehens vornehmen.

Weitere Details zur Untersuchung im Marburger Stadtteil Michelbach-Nord sind im Abschlussbericht des Gesundheitsamts Marburg-Biedenkopf zu finden:

Das Hessische Krebsregister erhält regelmäßig Anfragen aus der Bevölkerung, Politik, Gemeinden sowie anderen Institutionen zu vermuteten lokalen Krebshäufungen. Daraufhin führen wir auf Basis der registrierten Krebsdaten in Hessen statistische Auswertungen durch.

Weitere Informationen:

Empfehlungen für den Umgang mit Beobachtungen von räumlich-zeitlichen Krankheitsclustern

2009 · 52:239–255, Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 52:239-255

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Dr. Isabelle Georg<br>

Dr. Isabelle Georg
Epidemiologie
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