Bericht zur Landesqualitätskonferenz Mammakarzinom 2022

Die Initiierung und Begleitung von Qualitätskonferenzen ist eine landesrechtlich verankerte Kernaufgabe des Hessischen Krebsregister. Sie dient dem Ziel, die onkologische Versorgung in Hessen darzustellen und langfristig Verbesserungsmöglichkeiten mit den an der Diagnostik, Therapie und Nachsorge Beteiligten zu diskutieren.

Dazu bereitet wir den Datenbestand des Krebsregisters zu ausgewählten Tumorarten gezielt auf und stellen die Daten aggregierte sowie als Benchmarking der einzelnen Einrichtungen Hessens dar. Ein weiterer Baustein der Landesqualitätskonferenzen sind medizinische Fachvorträge, die aktuelle Therapiestandards und Entwicklungen im jeweiligen Fachgebiet beleuchten.

Das Mammakarzinom stand im Fokus der Landesqualitätskonferenz im Dezember 2022. Auf Basis der Krebsregisterdaten wurde ein Überblick über Basiskennzahlen, Versorgungsstrukturen und die klinische Versorgungsrealität zusammengestellt.

Zunächst gab Dr. rer. nat. Katharina Bernhardt, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Landesauswertungsstelle des Hessischen Krebsregisters, einen Überblick über verschiedene statistische Basiskennzahlen der in Hessen behandelten Mammakarzinom-Patientinnen und -Patienten. Die Tumorlokalisation und –Ausbreitung, histo-morphologische und molekulare Subgruppen sowie die Fernmetastasierung wurden dargestellt und hinsichtlich geschlechts- und altersspezifischer Unterschiede diskutiert. Anschließend wurden verschiedene Aspekte der Versorgungsstrukturen in Hessen betrachtet, wie die räumliche Verteilung therapeutischer Einrichtung und der Zugang zu zertifizierten Einrichtungen und zu Häusern mit unterschiedlichen Behandlungszahlen.

Dr. med. Soo-Zin Kim-Wanner, Leiterin der Landesauswertungs- und Abrechnungsstelle des Hessischen Krebsregisters, präsentierte verschiedene Aspekte der therapeutischen Versorgung, die sich anhand von Krebsregisterdaten bereits evaluieren lassen. Die Anwendung aktueller Behandlungsleitlinien wurde dargestellt und Ergebnisse ausgewählter Qualitätsindikatoren der S3-Leitlinien diskutiert – sowohl in der Gesamtschau aller in Hessen behandelten Patientinnen und Patienten als auch im Vergleiche zwischen den einzelnen Einrichtungen. Zu den Auswertungsschwerpunkten gehörten die Behandlung von in situ Tumoren der Mamma, die Evaluation der operativen und neoadjuvanten Therapie beim invasiven Mammakarzinom sowie der Einfluss der COVID19 Pandemie auf die Versorgung der Mammakarzinompatientinnen und -patienten in Hessen.

Ein weiterer Baustein der Landesqualitätskonferenzen sind medizinische Fachvorträge zu aktuellen Therapiestandards und Entwicklungen im jeweiligen Fachgebiet.

Prof. Dr. med. Marc Thill, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe und Leiter des Brustkrebszentrums am Agaplesion Markus Krankenhaus Frankfurt, gab in seinem Vortrag mit dem Titel „Aktuelle Therapien des Mammakarzinoms“ eine umfassende Übersicht über die derzeitige Studienlage beim frühen Mammakarzinom. Die zunehmende Bedeutung einer Suppression der Ovarialfunktion wurde diskutiert und der Nutzen verschiedener adjuvanter endokriner Therapieschemata in Abhängigkeit vom Rezidivrisiko beleuchtet. Weitere Therapieoptionen je nach molekularem Subtyp wurden vorgestellt. Im zweiten Teil des Vortrags wurden die Behandlungsmöglichkeiten beim metastasierten Mammakarzinom dargelegt, insbesondere hinsichtlich der Evidenz für den Einsatz neuartiger Antikörper-Wirkstoff-Konjugate.

In einem weiteren Fachvortrag adressierte Dr. med. Sabine Mousset, leitende Ärztin des interdisziplinären Zentrums für Palliativmedizin am Agaplesion Markus Krankenhaus in Frankfurt, die „Palliativmedizinische Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Mammakarzinom“. Sie unterstrich, dass die Wahrnehmung palliativmedizinischer Angebote „lieber zu früh als zu spät“ erfolgen sollte. Dies kann verschiedene Aspekte umfassen wie Beratung, begleitende Behandlung oder spezialisierte ambulante oder stationäre Behandlung. So können die Lebensqualität und die Versorgung der Patientinnen und Patienten am Lebensende sowie die Unterstützung der Angehörigen verbessert und, wenn rechtzeitig begonnen, auf die individuellen Wünsche zugeschnitten werden.

Abschließend gab Martin Rapp, organisatorischer Leiter der Vertrauensstelle des Hessischen Krebsregisters, eine Übersicht über die verschiedenen Datenquellen, aus denen sich die Krebsregisterdaten zusammensetzen, und über die Unterstützungsangebote, die den Meldenden zur Verfügung stehen. Er unterstrich gemeinsam mit Dr. med. Soo-Zin Kim-Wanner zum Abschluss der Veranstaltung noch einmal, dass eine Evaluation einzelner Aspekte der onkologischen Versorgung anhand von Krebsregisterdaten bereits möglich ist, ein reales Abbild der gesamten Versorgungssituation jedoch auf eine kontinuierliche, qualitativ hochwertige und vollständige Dokumentation angewiesen ist.

Die Landesqualitätskonferenzen des Hessischen Krebsregisters finden jährlich zu verschiedenen Schwerpunktthemen statt.

Weitere Informationen folgen über die Webseite und den Newsletter des Hessischen Krebsregisters.