Änderungen im bundeseinheitlichen onkologischen Basisdatensatz (oBDS 3.0.0)
Im Jahr 2021 wurde der bundeseinheitliche onkologische Basisdatensatz aktualisiert. Mit seiner Neufassung gehen einige Änderungen in der Tumordokumentation einher. Hier finden Sie einen ersten Überblick, was sich zukünftig ändern wird.
Krebsregistrierung nach dem bundeseinheitlichen
onkologischen Basisdatensatz
Der bundeseinheitliche onkologische Basisdatensatz dient in Deutschland als Grundlage für eine standardisierte Tumordokumentation. Ziel ist es, eine vergleichbare Datenerfassung und -auswertung in allen Landeskrebsregistern und medizinischen Behandlungseinrichtungen sicherzustellen.
Deshalb kommt der Basisdatensatz auch in der hessischen Krebsregistrierung zur Anwendung. Seine Vorgaben setzen die Softwarehersteller, das Krebsregister und meldende Ärztinnen und Ärzte folgendermaßen um:
1. Softwarehersteller: Systeme/Schnittstellen für eine strukturierte Meldung
Meldende sind aufgefordert, Daten in einer strukturierten Form an das Krebsregister zu melden. Dies setzt das Angebot geeigneter Schnittstellen und Systeme voraus. Im Wesentlichen gibt es für die Krebsregistermeldung zwei Möglichkeiten:
- oBDS-Schnittstelle (ehemals ADT/GEKID-Schnittstelle)
im Praxisverwaltungs-, Klinikinformations-, Tumordokumentations- bzw. Pathologieinformationssystem in Verbindung mit dem WebUpload (WUP) - Online-Erfassung von Meldungen
im browserbasierten Meldeportal
Hinweise:
- Die oBDS-Schnittstelle wird von dem Softwarehersteller des in der Einrichtung eingesetzten Systems entwickelt. Hier gehts zum Umsetzungsleitfaden für die Implementierung der Schnittstelle.
- Das Meldeportal (WebUpload und Online-Erfassung) stellt der Softwarehersteller GTDS dem Hessischen Krebsregister für seine Meldenden zur Verfügung.
- Sowohl in der oBDS-Schnittstelle als auch im Meldeportal (Online-Erfassung) sind die Felder des Basisdatensatzes mit seinen Ausprägungen enthalten und ausfüllbar.
2. Krebsregister: Registrierung und Sicherung der Datenqualität
Die Vertrauensstelle prüft, korrigiert und registriert die eingegangenen Meldungen (siehe Bearbeitungsprozess der Meldungen) und stellt so sicher, dass die Daten den Dokumentationsstandards des Basisdatensatzes entsprechen.
3. Meldende: Tumordokumentation der Meldungen
Indem hessische Einrichtungen unsere Meldungsanforderungen und Dokumentationshinweise bei der Tumordokumentation beachten, erfüllen sie die Vorgaben des Basisdatensatzes.
Mithilfe von Erinnerungen, Hinweisen und automatischen Prüfungen in den verschiedenen Systemen (siehe 1. Softwarehersteller) werden Meldende bei der Eingabe ihrer Daten unterstützt und angeleitet.
Im Juli 2021 wurde der einheitliche onkologische Basisdatensatz erneut aktualisiert. Mit seiner Neufassung gehen zukünftig einige Neuerungen in der Tumordokumentation einher. In dem nachfolgenden Artikel erhalten Sie einen Überblick über die wesentlichsten Änderungen.
Neuerungen im Bereich
"Systeme und Schnittstellen"
1. Neue oBDS-Schnittstelle 3.0.0 für Praxisverwaltungs-, Klinikinformations-, Tumordokumentations- und Pathologieinformationssysteme
- Seit März 2022 sind Softwarehersteller von Praxisverwaltungs-, Klinikinformations-, Tumordokumentations- und Pathologieinformationssystemen aufgerufen, die neue oBDS-Schnittstelle 3.0.0 in ihren Systemen zu integrieren.
- Ab Oktober 2022 ist das Hessische Krebsregister in der Lage, Meldungspakete mit der oBDS-Version 3.0.0 über den WebUpload (WUP) entgegenzunehmen.
- Neben der oBDS-Version 3.0.0 können Meldende – bis Ende 2023 – Meldungspakete mit den ADT/GEKID-Versionen 2.2.1, 2.1.2 und 2.1.3 übermitteln. Ab Anfang 2024 nehmen wir nur noch die oBDS-Version 3.0.0 an.
2. Neuer WebUpload (WUP): Übermittlung von Meldungspaketen, die über die oBDS-Schnittstelle generiert wurden
Der WUP ist der Nachfolger vom Meldeportal-UploadClient (MUC). Im Dezember 2022 wird der MUC abgeschaltet. Einrichtungen, die derzeit noch den MUC nutzen, sollten zeitnah ihren Meldeweg umstellen. Eine Übermittlung von Meldungspaketen mit der oBDS-Version 3.0.0 ist nur über den WUP möglich.
3. Sukzessive Anpassung der Felder bei der Online-Erfassung von Meldungen
Die Eingabefelder im Meldeportal für die Online-Erfassung von Meldungen werden sukzessive und zu einem späteren Zeitpunkt an die Vorgaben des neuen Basisdatensatzes angepasst.
Neuerungen im Bereich
"Tumordokumentation der Meldungen"
Zentrumszertifizierung
- Neues Merkmal
- Es wird in Bezug auf die Tumorerkrankung abgefragt, ob es sich (im Sinne der Zentrumszertifizierung nach der Deutschen Krebsgesellschaft/Onkozert) um einen Primärfall/Zentrumsfall, keinen Primärfall/Zentrumsfall (z. B. bei Rezidiven) oder keinen Zentrumsfall handelt.
Strahlenart
- Neues Merkmal
- Es soll angegeben werden, welche Strahlenart bei der Bestrahlung oder nuklearmedizinischen Behandlung verwendet wurde.
- Die Protonentherapie wird bisher nur an wenigen Zentren in Deutschland durchgeführt, u. a. befindet sich ein Zentrum in Marburg (Marburger Ionenstrahl-Therapiezentrum).
Boost
- Neues Merkmal
- Es soll angegeben werden, ob ein Boost bei der Bestrahlung appliziert wurde oder nicht.
Zielgebiet
- Aktualisiertes Merkmal (Basisdatensatz 2014: 7 Bereiche, Basisdatensatz 2021: 10 Bereiche)
- Es soll angegeben werden, welche anatomische Region bestrahlt wurde.
Alt: Zielgebietsschlüssel (Basisdatensatz 2014) | Neu: Zielgebietsschlüssel (Basisdatensatz 2021) |
---|---|
Bereich ZNS | Bereich ZNS |
Bereich Haut | Bereich Bindegewebe (Subkutangewebe, Fettgewebe, Muskeln, anderes Bindegewebe) |
Bestehende Schlüsselbereiche wurden erweitert oder neu definiert. Aus diesem Grund ist es wichtig, bei der Datenübermittlung die verwendete Version (Basisdatensatz 2014 bzw. 2021) anzugeben, um dem Krebsregister eine korrekte Zuordnung zu ermöglichen.
Des Weiteren ist bei einer zeitgleichen Bestrahlung des Lymphabflussgebietes die Region (Schlüsselbereich 9) exakt zu benennen. Es besteht nicht mehr die Möglichkeit, den Zielgebietsschlüssel mit +/- (mit/ohne Lymphknoten) zu ergänzen.
In der unten stehenden Tabelle finden Sie ein Dokumentationsbeispiel für die Bestrahlung der Mamma und der axillären Lymphknoten nach den alten und neuen Vorgaben.
Alt: Zielgebietsschlüssel (Basisdatensatz 2014) | Neu: Zielgebietsschlüssel (Basisdatensatz 2021) |
---|---|
3.1+ Mamma als Ganzbrust mit Lymphknotenregion | 3.1 Mamma als Ganzbrust |
Applikationsart
- Aktualisiertes Merkmal (Basisdatensatz 2014: 15 Ausprägungen, Basisdatensatz 2021: 24 Ausprägungen)
- Es soll angegeben werden, mit welcher Technik die Strahlentherapie durchgeführt wurde.
Alt: Applikationsart (Basisdatensatz 2014) | Neu: Applikationsart (Basisdatensatz 2021) |
---|---|
M = metabolische Therapie (Radionuklide) | M = sonstige metabolische Radionuklidtherapie |
MPRRT = Peptid-Radio-Rezeptor-Therapie | MPRRT = Peptid-Radio-Rezeptor-Therapie |
MPSMA = PSMA-Therapie | |
MRIT = Radioimmun-Therapie | |
MRJT = Radiojod-Therapie | |
MSIRT = selektive interne Radio-Therapie | MSIRT = selektive interne Radio-Therapie |
P = perkutan (Teletherapie) | P = perkutan (Teletherapie) |
P-4D = perkutan, atemgetriggert | |
PRCJ = perkutan, Radiochemotherapie/Sensitizer: ja | PRCJ = perkutan mit Chemotherapie/Sensitizer |
PRCJ-4D = perkutan, atemgetriggert, mit Chemotherapie/Sensitizer | |
PRCN = perkutan, Radiochemotherapie/Sensitizer: nein | |
PRCN-4D = perkutan, atemgetriggert, ohne Chemotherapie/Sensitizer | |
PRCN-ST = perkutan, stereotaktisch, ohne Chemotherapie/Sensitizer | |
PRCN-ST4D = perkutan, stereotaktisch, atemgetriggert, ohne Chemotherapie/Sensitizer | |
P-ST = perkutan stereotaktisch | |
P-ST4D = perkutan, stereotaktisch, atemgetriggert |
Im Bereich der perkutanen und metabolischen Therapie gab es mehrere Ergänzungen, um eine detailliertere Aussage zur Bestrahlungstechnik treffen zu können.
Des Weiteren wurden Ergänzungen bei den Feldern "Intention", "Stellung zu operativer Therapie", "Seite Zielgebiet", "Einheit" und "Ende Grund" vorgenommen.
Art der systemischen oder abwartenden Therapie
- Aktualisiertes Merkmal (Basisdatensatz 2014: 8 Ausprägungen (miteinander kombinierbar), Basisdatensatz 2021: 13 Ausprägungen (nicht kombinierbar))
- Es soll angegeben werden, welche Art der Therapie oder der abwartenden Strategie durchgeführt wurde.
Alt: Art der Therapie (Basisdatensatz 2014) | Neu: Art der Therapie (Basisdatensatz 2021) |
---|---|
AS = Active Surveillance | AS = Active Surveillance |
CH = Chemotherapie | CH = Chemotherapie |
CI = Chemo- + Immun-/Antikörpertherapie | |
CIZ = Chemo- + Immun-/Antikörpertherapie + zielgerichtete Substanzen | |
CZ = Chemotherapie + zielgerichtete Substanzen | |
HO = Hormontherapie | HO = Hormontherapie |
IM = Immun-/Antikörpertherapie | IM = Immun-/Antikörpertherapie |
IZ = Immun-/Antikörpertherapie + zielgerichtete Substanzen | |
SO = Sonstiges | SO = Sonstiges |
KM = Knochenmarktransplantation | SZ = Stammzelltransplantation (inklusive Knochenmarktransplantation) |
WS = Wait and see | WS = Wait and see |
WW = Watchful Waiting | |
ZS = zielgerichtete Substanzen | ZS = zielgerichtete Substanzen |
Die Ausprägungen können nicht mehr frei miteinander kombiniert werden, sondern lediglich die zur Verfügung stehenden Kombinationen genutzt werden.
Die Knochenmarktransplantation (KM) wurde durch die Stammzelltransplantation (SZ) ersetzt. Neben den verwendeten Stammzellen (autolog oder autogen) sollen auch die Substanzen der Konditionierung innerhalb dieser Therapieart gemeldet werden.
Es wird empfohlen, die abwartenden Therapiearten (Active Surveillance, Wait and see, Watchful Waiting) nur bei den Tumorerkrankungen zu dokumentieren, bei denen sie nach S3-Leitlinie definiert sind.
Grund für das Therapieende ("Ende Grund")
- Aktualisiertes Merkmal (Basisdatensatz 2014: 7 Ausprägungen, Basisdatensatz 2021: 9 Ausprägungen)
- Es soll angegeben werden, warum eine Systemtherapie beendet wurde.
Alt: Ende Grund (Basisdatensatz 2014) | Neu: Ende Grund (Basisdatensatz 2021) |
---|---|
A = Abbruch wegen Nebenwirkungen | A = Abbruch wegen Nebenwirkungen |
E = reguläres Ende | E = reguläres Ende |
P = Abbruch wegen Progress | P = Abbruch wegen Progress |
R = reguläres Ende mit Dosisreduktion | R = reguläres Ende mit Dosisreduktion |
S = Abbruch aus sonstigen Gründen | S = Abbruch aus sonstigen Gründen |
T = Patient verstorben | |
U = unbekannt | U = unbekannt |
V = Patient verweigert weitere Therapie | V = Patient verweigert weitere Therapie |
W = reguläres Ende mit Substanzwechsel |
Die Ausprägungen „W“ (Reguläres Ende mit Substanzwechsel) und „T“ (Patient verstorben) wurden ergänzt. Bei einem Substanzwechsel wird keine zweite Therapie dokumentiert. Im Folgenden finden Sie Dokumentationsbeispiele für den Wechsel von Cisplatin auf Carboplatin:
- Meldung bei Therapiebeginn: Cisplatin mit weiteren Substanzen
- Meldung bei Therapieende: Cisplatin und Carboplatin mit weiteren Substanzen mit Endegrund „W“
- Meldung nur bei Therapieende: Cisplatin, Carboplatin und weitere Substanzen mit Endegrund „W“
In einer Therapie sollen alle verabreichten Substanzen dokumentiert werden, auch wenn nicht alle bis zum Therapieende verabreicht wurden.
4. Therapieempfehlung
- Neues Merkmal
- Es soll angegeben werden, welche Therapie/n in der Tumorkonferenz empfohlen wurde/n und ob es ggf. eine Abweichung auf Wunsch der Patientin bzw. des Patienten gab.
- Die Angabe zur Abweichung wird in Bezug auf die gesamte Therapieempfehlung dokumentiert und nicht für jede einzelne. Welche Therapie durchgeführt wurde und welche nicht, ergibt sich aus den gemeldeten Therapien.
5. Genetische Variante
- Neues Merkmal
- Es sollen Angaben zu den genetischen Varianten und deren Ausprägungen gemacht werden, die nicht in einem organspezifischen Ergänzungsmodul abgebildet sind.
- Beispiele hierfür sind IDH-Mutation (Gliome), BRAF-V600 (Malignes Melanom), ALK (Lungenkarzinom). Eine Referenzliste wird derzeit von einer Arbeitsgruppe der § 65c Plattform erarbeitet.